Zuchtmethodik
Häufig stellen Anfänger die Frage nach der besten Zuchtmethode. Es gibt sie nicht, denn die zu wählende Methode ist abhängig vom Ziel das erreicht werden soll und dem Zustand des Stammes mit dem sie züchten. Was heißt das in der Praxis?
Nehmen wir an, sie haben von einem renommierten Züchter Zuchttiere erhalten. Meistens sind das ein oder mehrere Paare oder Trios. Und fast immer sind das Tiere aus einem durchgezüchteten, erfolgreichen Stamm. Denn warum sollten sie Tiere aus einer Experimentalzucht, einem nicht durchgezüchteten Stamm nehmen? Das würde sie am Anfang ihrer züchterischen Karriere behindern, denn sie wollen ja Erfolge erzielen. Und vor allem, anhand einer guten Linie wachsen sie, sie lernen von den Tieren. Was wollen sie von schlechten Tieren lernen?
Das Argument, das seien leichte Erfolge, der Vorzüchter habe ja schon alle Arbeit geleistet stimmt so nicht. Denn schon die Auswahl der Zuchttiere beim Ansatz macht sie zu einem selbstständigen und durchaus eigenständigen Züchter. Auch die Aufzucht an sich ist eine Leistung, denn sie ist mit Fehlerquellen mannigfaltiger Art behaftet.
Also gehen wir davon aus, sie haben sich 2 Paare gekauft. Sparen sie nicht am falschen Ende. Kaufen sie vom besten und erfolgreichsten Züchter den Standard und die Farbe die sie haben wollen. Das erleichtert ihnen die nachfolgende Arbeit sehr.
Wie aber beginnen sie nun? Einfach, was anders sollen sie schon machen als die Tiere zusammen ansetzen. Also beide Männchen mit den Weibchen in ein Becken zusammensetzen! Das gilt auch für den Fall, dass sie Trios bekommen haben! Aber normalerweise erhalten sie Paare!
Von Methode kann also immer noch keine Rede sein, denn bei der Menge der erstandenen Guppies haben sie nur wenige Auswahlmöglichkeiten. Sie benötigen Breite, also viele Fische. Irgendwann werden sie die auch haben, das ist nur eine Frage der Zeit. Wobei wir immer davon ausgehen, die Tiere sind gesund und fruchtbar!
Aber es ist soweit, beide Weibchen haben Junge, und das nicht zu knapp. Da es Erstgebärende sind, gehen wir mal von 15 - 20 Jungen aus. Bei zwei Weibchen sind das schon 40 Junge. Und nun haben sie die erste Entscheidung zu treffen. Trennen sie die Jungen nach Geschlechtern, oder ziehen sie die Tiere gemeinsam auf?
Da wir Tiere aus einem durchgezüchteten Stamm haben, empfiehlt es sich, diese in einem Becken aufzuziehen. Das aber hat Konsequenzen. Es erfordert genaue Beobachtung der Tiere, denn sie müssen selektieren. Alles was nicht ihrem Zuchtziel entspricht, muss raus aus dem Becken. Und das ganz konsequent und ständig. Sind die Tiere ungefähr 4 Monate alt, sollte ihr Ziel sein, jeweils zehn gleichwertige Männchen und Weibchen im Becken zu haben. Mit diesen züchten sie dann weiter. Nebenher gesagt, das ist mir noch nie geglückt. Das Beste was mir gelang waren sieben Top Männchen und zehn Top Weibchen!
Der Vorteil dieser Methode liegt klar auf der Hand. Sie benötigen für zwei Würfe nur noch ein Becken zur Aufzucht. Denken sie daran, in vier Wochen haben ihre beiden Zuchtweibchen schon wieder Junge, und dann mehr als beim ersten mal!
Durch die nötige Selektion sind sie zur ständigen Beobachtung gezwungen, sie bekommen intensiven Kontakt zu ihren Tieren. Männchen und Weibchen gemeinsam aufzuziehen ist sicher auch natürlicher als sie zu trennen. Ein weiterer Vorteil ist, sie nehmen nur noch bereits vorbefruchtete Weibchen und vermeiden so Ansätze mit sterilen Weibchen.
Aber das ist auch der Nachteil der Methode. Gezielte Zucht ist nicht möglich. Außerdem müssen sie, wenn der Selektionsprozess abgeschlossen ist, einige Monate warten um sicher zu sein, dass die Würfe von den ausgewählten Männchen stammen!! Trotz alledem, diese Methode ist die bevorzugte vieler Züchter, nicht nur der US Züchter.
Was aber, wenn sie ein bestimmtes Merkmal in eine bestehende Linie einkreuzen wollen? Nun, dann bleibt die zweite Methode, das trennen der Jungtiere im Alter von ca. vier Wochen. Auch das hat Vorteile, sie können ganz gezielt das beste Männchen mit den allerbesten Weibchen ansetzen. Aber...je nach der Grundfarbe, aber auch der Deckfarbe haben sie recht oft Probleme damit, dass die Weibchen überhaupt befruchtet werden. Viele sind nur in sehr jungem Alter rezeptiv. Das ist häufig bei Albino Stämmen, aber auch bei HS Weißen und HS Gelben Stämmen so! Ein weiterer Nachteil ist eben der höhere Beckenverbrauch! Sie benötigen halt pro Wurf zwei Becken für die Jungtiere. Rechnen sie aus, wenn jedes Weibchen nur dreimal wirft, welche Beckenanzahl sie brauchen!
Kommen wir zur eigentlichen Methode! Wie eigentlich stellen sie es an, gute Zuchtergebnisse zu erzielen?
Die am wenigsten erfolgreiche: Sie setzen an und verpaaren in einer Linie immer die besten Männchen und Weibchen. Das nennt man Inzucht. Inzestzucht ist die Zucht mit Tieren in gerader Linie, also Vater x Tochter oder Mutter x Sohn. Obwohl der Guppy als erstaunlich inzuchtresistent gilt, bei diesem Verfahren stoßen sie sehr schnell an Grenzen. (siehe hierzu den bemerkenswerten Artikel über genetische Variabilität, Hakan Turesson, GB 4/02;2-8) Was Hakan in diesem Artikel vorzüglich belegt und erklärt, will ich nicht wiederholen.
Schon erfolgreicher sind sie mit einer Linienzucht: Ein Stamm wird in zwei Linien streng voneinander gezüchtet. Alle paar Generationen, meist nach drei oder vier werden die Weibchen untereinander getauscht. Aber auch hier sind sie schnell auf eine Fremdeinkreuzung angewiesen. Die Tiere sind eng verwandt, sie können den Heterosis Effekt einer Fremdeinkreuzung nicht nutzen.
Eine bessere Lösung bietet eine Linienzucht eines Stammes mit jeweils zwei blutfremden Linien. Beispiel: Sie haben sich für HS Rot in der Grundfarbe Grau entschieden. Vom Züchter A erwerben sie 2 Trios. Vom Züchter B ebenfalls. Nun beginnen sie mit vier Linien. Nach einiger Zeit bilden sie zwei neue Linien, jeweils mit Tieren aus den bestehenden Linien. Nennen wir sie A; B; C und D. Die neuen Linien bestehen aus Tieren A x C sowie B x D. Warten sie ab wie die Linien sich entwickeln, und geben sie dann je nach Qualität die Linien auf, die am wenigsten dem Zuchtziel entsprechen. Die Methode verlangt genaue Aufzeichnungen, denn sonst verlieren sie schnell den Überblick!
Etwas abgewandelt und nicht so aufwendig ist ein System mit drei Linien. Hier bilden sie immer eine neue dritte Line mit den besten Tieren von zwei Linien und geben die schlechteste Linie auf! Beispiel: Sie züchten mit Linie A, B, und C! Nach einigen Generationen bilden sie aus den Linien A + B die neue Linie! C ist deutlich abgefallen im Vergleich mit den anderen beiden Linien, und deshalb geben sie nun diese Linie auf!
Eine sehr beliebte Methode zum festigen eines Merkmals ist die (Inzest) Rückkreuzung! Nehmen wir mal an, sie wollen die Deckfarbe ihres Stammes verbessern und machen das mittels eines Männchens, das diese Deckfarbe ausgeprägt zeigt. Sie züchten mit diesem Männchen, und kreuzen dann die Töchtern zurück an dieses Männchen! Aber bedenken sie, hiermit wird auch alles Negative im Stamm gefestigt!! Also aufpassen, mit dieser Methode geht man nicht leichsinnig um!
Eine weit verbreitete Methode um Ausstellungstiere zu erzüchten ist die Hybridzucht. Hierbei werden blutfremde Tiere gepaart. Der Heterosis Effekt sorgt in der Nachzucht für größere, vitalere und oft sehr formschöne Tiere. Wenn also die Verpaarung klappt, nach ihren Wünschen ausfällt dann haben sie für die Show gute Chancen. Für die Weiterzucht sind solche Tiere nur bedingt zu empfehlen, sie spalten wieder auf!!
Eine sehr gute Methode besteht im verpaaren von Onkel x Nichte oder Tante x Neffe! Diese Inzuchtmethode verspricht bei guten Tieren großen Erfolg!
Alle diese Methoden aber verlangen sehr genaue Aufzeichnungen, sollen sie den gewünschten Erfolg zeigen. Und damit meine ich mehr als Beckenkarten. Führen sie ein Zuchtbuch. Haben sie einen Computer, und eine Digicam? Prima, dann sollten sie von ihren Zuchttieren Fotos machen, sie erhalten wichtige Daten und Einblicke. Diese werden ihnen sehr nützlich sein bei der Planung ihrer züchterischen Aktivitäten! Nehmen sie sich unbedingt diese Zeit, das wird ihnen manch böse Überraschung ersparen!
Zuchtmethodik II
v. A. Schumacher
Meine „Wolfsche" Zuchtmethode - Die reine Technik
Phase 1:
Stellen wir uns vor, wir haben 2 Becken (ca. 100L) in dem jeweils die besten Männchen und jeweils die besten Weibchen eines Stammes separat aufgezogen wurden sind. Aus diesen Becken nehmen wir im Standartfall je 3 Weibchen und 3 Männchen, und bilden eine Paarungsgemeinschaft.
Das ganze tun wir 3 mal. So erhalten wir 3 Paarungsgemeinschaften mit je 3 Weibchen und 3 Männchen. Das macht zusammen 9 Weibchen und 9 Männchen, also 18 Fische.
Nach gut 1-2 Wochen, nachdem wir sicher gehen können das alle Weibchen befruchtet wurden sind, werden die Fische (jeweils Männchen und Weibchen) zurück in die separaten Aufziehbecken gesetzt.
26 Tage nach dem ersten zusammensetzen dieser Weibchen, also der möglichen Befruchtung, entnehmen wir die Weibchen wieder dem separaten Weibchen Aufziehbecken und separieren sie jeweils einzeln in die Ablaich- bzw. Babybecken (9x 15L).
Jetzt warten wir bis jedes Weibchen geworfen hat, um sie dann sofort zurück in das Weibchen Aufziehbecken zu setzen. So erreichen wir dass möglichst alle Jungen im Wurf überleben.
Benötigt ein Weibchen länger als 35 Tage zum Wurf, so wird der Wurf nicht gewertet und das Weibchen samt nachfolgendem Wurf nicht mehr zur Zucht benötigt.
Weibchen die überhaupt nicht werfen, scheinen nicht befruchtet wurden zu sein (oder sind Unfruchtbar) und gehören zurück ins Aufziehbecken.
Phase 2a: Die Platzsparende Methode.
Die neue F1 wird bis auf ein Alter von ungefähr 4 Wochen aufgezogen, so dass man die Geschlechter exakt trennen kann. Hierauf werden alle Männchen aus allen 9 15L Becken in das Aufziehbecken zu den Alttieren gesetzt. Zu achten sei darauf, das die Alttiere dem jungen nachwuchs möglichst nicht nachsetzten können und wollen. Es sollten im Normalfall alle Jungen überleben!
Die Weibchen lässt man weitere 2 Wochen in den Babybecken.
Nach den 2 Wochen suchen wir uns aus jedem der 9 Babybecken jeweils die 6 Vitalsten und (gleich) größten Weibchen heraus und setzten die 54 ausgesuchten Weibchen in die Aufziehbecken zu den Alttieren, welche den Jungen nicht nachstellen sollten!
Die restlichen verbleibenden Weibchen in den Babybecken werden nicht mehr benötigt und aus Platzgründen entfernt (Verfüttert, Verschenkt, Verkauft usw.).
Phase 2b: Die Effektive Methode.
Die neue F1 wird bis auf ein Alter von ungefähr 4 Wochen aufgezogen, so dass man die Geschlechter exakt trennen kann. Hierauf werden alle Männchen aus allen 9 15L Becken in 9 separaten Aufziehbecken (z.B. 54L) gesetzt, so das die 9 Würfe weiterhin separat gehalten werden.
Genauso werden gleichzeitig die Weibchen der 9 Würfe in 9 separaten Aufziehbecken (z.B. 54L) gesetzt, so dass die 9 Würfe weiterhin separat gehalten werden.
Phase 3a:
Erreichen die Männchen und Weibchen der F1 in den Aufziehbecken ein Alter von 3 Monate wird das erste Mal Selektiert. Wir entfernen die schwächsten, kränkelten, langsamen usw. aus dem Becken (Krüppel, deformierte usw. werden selbstverständlich vorher entfernt). Daraufhin wird wöchentlich bis ins Alter von 5-6 Monaten (Zuchtreife) Selektiert, so dass am Ende in den Aufziehbecken die 9 besten Männchen und Weibchen übrig bleiben. In den ersten Selektionsmonaten wird nur auf die Vitalität geachtet, erst nach ungefähr 5 Monaten auf Form (Standart) und Farbe.
Anmerkung: Beim Selektieren beider Geschlechter werden auch die von Phase 1 verwendeten Alttiere mit beachtet. Sie können, wenn sie gut genug sind und dem Selektionsstandart entsprechen, wieder verwendet werden.
Phase 3b:
Aus jedem der 18 Aufziehbecken wird wie bei Phase 3a beschrieben selektiert, sowohl bei Männchen wie bei Weibchen. Es muss in jedem Aufziehbecken, bei den Männchen und Weibchen, nur jeweils 1 Fisch übrig bleiben. Im Idealfall also je 1 weiblicher und 1 männlicher Fisch je Wurf.
Phase 1:
Wir kommen wieder zum Anfang des Kreises, an den Anfang.
Meine „Wolfsche" Zuchtmethode - Die Erklärung
Die Zuchttechnik, Urversion stammt von Annett Wolf aus Lund (aus Platzgründen entwickelt), verbindet Schwarm- und Linienzucht. Die Schwarmzucht wird benutzt um zu starken Inzucht zu vermeiden, also das (schnelle) Verlieren der Genetischen Variabilität. Die Linienzucht hingegen soll bei starker Inzucht (dadurch schnelles erreichen des Zuchtziel) dafür sorgen, das die Genetische Variabilität durch Einkreuzen wieder stabilisiert wird.
Die Vorteile dieser Zuchtmethode:
1. Alle Fische sind ungefähr gleich alt, ich kann ihre Qualitäten gut vergleichen.
2. Ich habe eine große Auswahl and Zuchttieren, kann also die schönsten aussuchen und somit eine gezielte Zucht betreiben (Hochzucht).
3. Eine hohe Genetische Variabilität bleibt erhalten.
4. Nach viel Geduld sollte das Endprodukt theoretisch schöner als bei starker Inzucht, weil keine guten Merkmale verloren gehen (durch Genetische Variabilität und Einkreuzung).
5. Die weibliche Wahl wird beachtet.
6. Relativ geringe Beckenanzahl wird benötigt.
7. Man hat Tiere übrig, um sie zu Ausstellungen zu schicken.
8. Weniger Arbeit in der ruhigen Selektionsphase. Die Buchführung wird vereinfacht, da man nicht mehr (eindeutig) feststellen kann wer Vater und Mutter war.
Die Nachteile dieser Zuchtmethode:
1. Da alle Würfe auf einmal kommen, gibt es viel Arbeit.
2. Man besitzt mehrere Monate keine Vorzeigetiere, bis diese Ausgewachsen sind (außer man hebt sich in extra Becken welche auf).
3. Einheitliche Fische werden langsamer erreicht als bei starker Inzucht (d.h. ich benötige mehr Generationen und mehr Geduld).
4. Andre Leute kommen bestimmt auf noch ein paar mehr Nachteile.
Gehen wir nun genauer auf die einzelnen Phasen ein.
Zu Phase 1:
Frage: Warum entnehmen wir 3x jeweils 3 Männchen und 3 Weibchen um sie in einer von 3 Paarungsgruppen zu setzten? Wir könnten doch gleich alle 9 Männchen und 9 Weibchen in ein großes Paarungsbecken als eine Gruppe setzen?
Antwort: Nein! Durch die Gruppen gehen wir sicherer, das nicht ein Männchen in der ganzen Gruppe alle Weibchen allein Befruchtet und die anderen Männchen ihre Gene nicht weitergeben können, was uns Genetische Variabilität kostet.
Durch 3 Gruppen sichern wir, dass mindestens 3, maximal 9 Männchen ihre Gene weitergeben können. Bei einer großen Gruppe könnte es theoretisch passieren, das nur 1 von 9 Männchen alle 9 Weibchen Befruchtet!
Frage: Warum bilden wir dann nicht 9 Gruppen mit je 1 Männchen und 1 Weibchen?
Antwort: Guppy Weibchen werden, wie angenommen, nicht Vergewaltigt, sondern müssen einer Paarung zustimmen (siehe Petzold). Das Männchen Balzt um das Weibchen. In einer Gruppe von mehreren Männchen werden nur die aktivsten Männchen ihre Gene weitergeben können, was zusätzlich einer natürlichen Selektion entspricht. Wir erhalten somit nur die aktiven und paarungsstarken Tiere. In der Praxis schafft es aber auch in einer Gruppe meist jedes Männchen nach einer gewissen Zeit (hier 1-2 Wochen) das Weibchen zu Befruchten. Sogar Mehrfachbefruchtung eines Weibchen von unterschiedlichen Männchen ist möglich, bei dem der gleiche Wurf eines Weibchens dann Babys von verschiedenen Vätern haben kann, was bei dieser Zuchtmethode nicht nachteilig ist sondern gewollt!
Frage: Und wieso nehmen wir in eine Gruppe 3 Männchen und 3 Weibchen, und nicht 2 Männchen und 3 Weibchen oder 4 Männchen und 3 Weibchen je Gruppe usw.?
Antwort: Bei 3 Männchen und 3 Weibchen gehen wir vom Standartfall aus. Nach der Genetischen Variabilität wird bei 3 Gruppen mit insgesamt 9 Männchen und 9 Weibchen je Generation ein Verlust von Genvariabilität um nur -2,8% erreicht. Bei 6 Männchen und 9 Weibchen wird die Inzucht stärker, wobei man dadurch wiederum schneller ein gewünschtes Ziel erreichen kann, aber einen Verlust von Variabilität von -3,5% in kauf zu nehmen hat.
Bei 3 Männchen und 9 Weibchen wären dies -5,6%.
Je höher der Verlust, desto schneller treten Degenerationserscheinungen auf, also Inzuchtschäden. Bei unserem Standartfall mit insgesamt 9 Männchen und 9 Weibchen können wir 24 Generationen Züchten, bis wir einen Verlust von ungefähr 50% erreichen. Bei 3 Männchen und 9 Weibchen sind es nur 12 Generationen. Je nach zusammenstellung des Männchen Weibchen Verhältnis ändern sich diese Zahlen. Unser Beispiel mit 9 Männchen und 9 Weibchen sollte ausreichen, um über viele Generationen ohne Schäden züchten zu können, bei dem kein so schnelles Einkreuzen von „Frischblut" nötig ist, was viele Gefahren für einen gefestigten Stamm mit sich bringen kann.
Frage: Warum werden die Weibchen nach dem Befruchten wieder in das große Aufziehbecken gesetzt, und dann 2 Wochen später wieder zurück in die Baby- bzw. Laichbecken zum Werfen?
Antwort:
Lassen wir die Weibchen die ganze Zeit in den Babybecken, so ist der Stress der Isolation auf lange Zeit zu groß und schlägt sich negativ auf die Tiere nieder.
Frage: Weibchen die zum Werfen länger als 35 Tage benötigen werden aus der Zucht genommen, warum?
Antwort: Wir möchten Gesunde Tiere Züchten, die möglichst alle eine Tragezeitdauer von ungefähr 4 Wochen besitzen. Das ist einfacher für die Datierung der Würfe und vereinheitlicht die Fische besser.
Frage: Wieso aber werden Weibchen, die überhaupt nicht Werfen, also nicht schwanger geworden sind, zurück ins Aufziehbecken gesetzt?
Antwort: Es kann möglich sein das dieses Weibchen nicht erfolgreich Befruchtet wurden ist, aber durchaus die nächste Runde der Selektion in den Aufziehbecken übersteht und so das nächste Mal sehr gute Ergebnisse bringen kann.
Ein Problem stellt aber Unfruchtbarkeit dar. Diese können wir erst eindeutig bemerken, wenn das gleiche Weibchen in der nächsten „Runde" wieder anscheinend nicht Befruchtet wurden ist, also keinen Wurf hat. Dann wird es endgültig entfernt und zur Zucht nicht weiter verwendet!
Zu Phase2a:
Frage: Die Jungtiere werden schon zwischen 4-6 Wochen zu den Alttieren gesetzt? Gleicht das nicht einem Idiotentun?
Antwort: Die Jungen sind in diesem Alter groß und schnell genug, den restlichen (im Normalfall 9) Alttieren zu entkommen. Dafür sorgen ebenfalls gute Versteckmöglichkeiten.
Nur die schwächsten und „dümmsten" sterben durch die natürliche Selektion, die starken bleiben im Normalfall erhalten. Zudem Wachsen Jungtiere schneller, wenn sie bei größeren Guppys untergebracht sind, vorausgesetzt sie bekommen auch ihre extra Nahrung.
Ich gehe nicht davon aus, das wir wie am Anfang der ersten 4 Lebenswochen die Jungen Mastzüchten. Nicht zuletzt sparen wir mit dieser Methode auch zusätzliche Becken.
Manche Züchter würden durch diese Methode zusätzlich Kannibalistisch veranlagte Guppys ausfindig machen und entfernen, damit sie ihre Kannibalistischen Gene nicht weitergeben.
Frage: Weshalb werden alle Männchen aus allen Würfen in das Aufziehbecken gesetzt, aber nur von jedem Wurf jeweils die 6 Vitalsten und (gleich) größten Weibchen?
Antwort: Ob es nun 5, 6 oder 7 ausgewählte Weibchen aus jedem Wurf sind, spielt keine Rolle. ABER aus jedem Wurf müssen GLEICHVIELE Weibchen entnommen werden. Es geht nicht aus Wurf 1 nur drei Weibchen zu entnehmen und aus Wurf 2 plötzlich 4 Weibchen. Warum? Damit wir später bei der Selektion im Aufziehbecken eine relativ gleiche Chance haben aus jedem Wurf die gleiche Anzahl Weibchen zur Neuzucht übrig zu lassen, da wir sie aus Platzgründen wie oben beschrieben in Phase 2a alle in ein Aufziehbecken setzten, wissen wir nicht mehr wer Vater und Mutter waren.
Zudem scheint es meiner Meinung besser zu sein, nur die größten Weibchen zu nehmen die zusammen aber möglichst alle gleich groß sein sollten! Das festigt den Stamm besser auf eine einheitliche Größe.
Frage: Was hat es mit Phase 2b und Phase 3b auf sich?
Antwort: Im Idealfall, den wir meist nicht erfüllen können da zu wenig Becken vorhanden sind, trennen wir jeden Wurf einzeln in Aufziehbecken. So wird eine 100% Gewährleistung gegeben, später bei der Verpaarung nahe Geschwisterinzucht zu vermeiden. Im unserem Standartfall, wie in Phase 2a und 3a, existiert sehr wohl die Wahrscheinlichkeit der nahen Geschwisterpaarung (also die aus demselben Wurf). Die Wahrscheinlichkeit wird aber durch die Technik in Phase 2a überwiegend vermindert.
Phase 2b und 3b sind somit nur für uns von Bedeutung, wenn wir uns peinlich das Ziel gesetzt haben, möglichst Inzucht zu minimieren und so die Genetische Variabilität hochzuschrauben, sowie genügend Becken zur Verfügung haben. Im Normalfall ist Phase 2b und 3b aber nicht von Bedeutung, da wir schon mit 18 Fischen (also durch die 3x 3m&w gruppen) je Generation lange genug züchten können, bevor wir zu starke Degenerationserscheinungen erhalten.
Zu Phase 3a:
Frage: Warum werden die Guppys nicht vor dem Alter von 3 Monaten wöchentlich Selektiert?
Antwort: Vorher werden nur die Männchen und Weibchen Selektiert, die krankhaft sind, Genschäden aufweisen usw. Gesunde Tiere bleiben. Erst nach den 3 Monaten sind die Fische bereit genug sie nach Vitalität zu Selektieren (da der größte Wachstumsprozess bis dahin abgeschlossen ist). Wöchentlich wird der Bestand dann kontrolliert. Erst viel später folgt dann die Selektion nach Form und Farbe.
Die endgültige Körperform und Farbe wird im Normalfall erst im Alter von 5-6 Monate erreicht. Hier ist es von Stamm zu Stamm unterschiedlich, weshalb man seinen Stamm ausgiebig kennen sollte!
Allgemeine Fragen:
Frage: Was passiert mit dem Nachwuchs der Weibchen, die schon einmal geworfen haben und zurück ins Aufziehbecken kommen und dann alle weitere 4 Wochen Jungen werfen?
Antwort: Bis zum nächsten Zuchtansatz vergehen mehr als 5 Monate, in der Zeit können die befruchteten Weibchen weitere 4-5 mal werfen. Wir ignorieren die Jungtiere aber, da die Würfe für uns nicht von Bedeutung sind. Es ist lediglich dafür zu Sorgen, die Jungtiere aus der Zucht auszuschließen. Wie das gemacht wird, sei jedem selbst überlassen. Manche lassen sie 1-2 Tage im Becken als Nahrung für die Alttiere, und fischen dann den rest raus. Auf jeden fall müssen diese ungewollten Würfe im Aufziehbecken bis auf den letzten Fisch raus!
Manche beobachten vorher auch, welches Alttier besonders Kannibalistisch auf den Nachwuchs veranlagt ist, und selektieren dabei gleichzeitig auf Non- Kannibalismus.
Auf jeden fall dürfen aber keine Jungtiere des Wurfes überleben bzw. sich im Becken befinden! Sie sind nicht Selektiert und uns nicht von Nutzen.
Frage: Altweiber Guppys, die schon einmal Befruchtet wurden sind und geworfen haben, werden wieder nach 5-6 Monaten zur Zucht angesetzt. Ich habe gehört, dass aber Guppyweibchen Sperma bis zu 11 Würfen speichern können. Wird eine Neubefruchtung funktionieren?
Antwort: In der Regel, ja! In den 5-6 Monaten wird die Dame noch weitere 4-5 mal geworfen haben, und ihren Spermavorrat dezimiert haben. Zudem befruchtet frisches Sperma bevorzugt! Wird sie erneut nach dieser langen Abstinenz befruchtet, sind die nächsten Jungtiere meist vom neuen Vater.
Weitere Tipps:
Achtet darauf dass ihr in jeder Zuchtgruppe möglichst gegensätzliche Fische von den letztlich 9 Selektierten männlichen und 9 weiblichen unterbringt.
Haben wir Beispielsweise unter unseren ausgewählten Zucht 2 sehr attraktive (aktive, guter Standart usw.) Männchen, so bringen wir sie nicht beide zusammen in eine Zuchtgruppe, sondern verteilen sie in zwei verschiedene. Das gleiche gilt für Weibchen. Damit gewährleisten wir eine bessere Befruchtungsrate der sehr guten Guppys.